Verfasst von: vcvegesack | 10. Juni 2009

Statusbericht „Oberschenkelhals“ nach 3 Wochen

09.06.2009 Bremen, melde mich an dieser Stelle mal mit einem kleinen Statusbericht über die Entwicklung und Genesung meines rechten Oberschenkelhalses zurück. Zusammengefasst heißt das Folgendes:

 21.05.2009 Paris Saint Denis, auf einer Abfahrt und dem Anbremsen einer Rechtskurve komme ich an Position 4 oder 5 des Feldes ins Schleudern, kann den Bock nicht mehr abfangen und lege mich mit voller Wucht auf die rechte Seite. Der Sturz erinnert mich an den legendären Abflug von Beloki bei der Tour de France http://www.youtube.com/watch?v=z_Rs899C3KQ .

Schnell ist mir klar, dass es sich hier nicht um die üblichen Hautabschürfungen handelt, sondern deutlich mehr aus dem Gleichgewicht geraten ist. Schmerzen in der Hüfte und ein nicht mehr zu kontrollierender rechter Fuß verhindern bei mir weitere Ambitionen, das Rennen fortzuführen. Da ich gar nicht mehr laufen kann, werde ich dann gemeinsam mit Nobert Becker (Nationaltrainer), bei dem ich mich auf diesem Wege nochmals herzlich bedanken möchte, ins nahegelegene Krankenhaus Saint Denis gebracht.

Diagnose: Oberschenkelhalsbruch, das ist für mich die Höchststrafe, da mir sofort klar wird, dass die Saison gelaufen ist. Tausende von Gedanken gehen mir durch den Kopf, sollten doch nun all die vielen Kilometer, die ich mit viel Fleiß und Disziplin bei jedem Wetter „mir in die Beine geschraubt habe“, für die Katz sein. Ein lang ersehnter Traum, einmal im Kostüm der Nationalmannschaft an den Start gehen zu dürfen, ist innerhalb von wenigen Millisekunden zerplatzt. Die große Kunst,  den Kopf jetzt in die richtige Richtung zu programmieren, in  Richtung Zukunft und nachhaltiger Genesung, ist nun die Herausforderung.

Da ein Oberschenkelhalsbruch kein Kinderspiel ist und man hier sehr schnell reagieren muss, um Folgeschäden zu vermeiden, muss ich in der Nacht „noch auf den Tisch“. Es ist schon ein komisches Gefühl, in einem OP zu liegen und von Menschen umgeben zu sein, deren Sprache man nicht spricht. Die Jungs und Mädels haben einen guten Job gemacht, indem sie mir drei lange Schrauben verpasst haben.

22.05.2009 Saint Denis, die Nacht habe ich fast schmerzfrei überstanden. Das nächste Ziel ist, eine Überführung nach Deutschland zu organisieren, was Shiela netterweise für mich getan hat, wofür ich ihr auch sehr, sehr dankbar bin.

 23.05.2009 Paris-Deutschland, mit einem aus Deutschland angereisten Krankenwagen werde ich nach Bremen transportiert und muss im Krankenhaus Bremen-Nord für zwei Tage meine Zelte aufschlagen. In Bremen werde ich von meinen Allerliebsten mit einem herzzerreißenden Empfangskomitee begrüßt, so dass mir die Tränen in die Augen schießen. Alle sind in Team-Trikotage verkleidet und haben mir ein großes Transparent –le grande Allemande – angefertigt. Vielen, vielen Dank. Ziel des Krankenhausaufenthaltes soll eine Kontrolle und vor allem die Mobilisierung, im Klartext – das Laufen an Krücken  lernen – sein.

 04.06.2009 Bremen, der Alltag gestaltet  sich nicht ganz einfach, bin aber erstaunt, fast völlig schmerzfrei zu sein. Gehe bereits seit einer Woche ins Büro und halte – wie so immer – die Leute von ihrem Tagesgeschäft ab. Da ich ja zur Zeit kein Auto fahren darf, bin ich auf die Hilfe anderer angewiesen, vielen Dank an alle, sowohl aus dem familiären Kreis als auch aus meinem Freundeskreis, die sich rührend um mich kümmern.  Heute steht der erste weitere Kontrolltermin auf meinem Kalender, die Fäden der OP werden gezogen und weitere Thrombosespritzen verschrieben. Die tägliche Physiotherapie, die mir ebenfalls verschrieben wurde, schlägt sensationell bei mir an. Ich kann und darf mein Bein zwar nur mit max. 10 kg belasten, aber die Bewegung ist schon fast wiederhergestellt. Natürlich fängt man jetzt als Rennfahrer an zu rechnen und verschwendet einige Gedanken daran, evtl. doch noch in diesem Jahr zurückzukommen. Mein Physiotherapeut spricht von nichts anderem, als mich so schnell wie möglich zurück aufs Rad zu bekommen. Er will mir ein Spinning-Rad ins Wohnzimmer stellen, damit ich mit leichtem Widerstand in die gewohnte Bewegung finde. Erschreckend für mich ist nur, wie schnell sich die Muskulatur, wenn sie nicht gebraucht und benutzt wird, in nichts auflöst.

 09.06.2009 Bremen, hurra – heute ist es soweit, das Spinning-Rad kommt. Bin wirklich gespannt, wie das gehen wird. Mein Bein ist mittlerweile weniger als die Hälfte, wenn es in der gleichen Geschwindigkeit weiterhin  abnehmen wird, verwerfe ich besser die Vorstellung, wie es nach 12 Wochen aussieht. Ich versuche nun seit zwei Tagen, gegen den Muskelschwund mit Elektrostimulation an zu arbeiten. Ob und was das wirklich bringt, kann ich gerne in den nächsten Wochen berichten, eines ist auf jeden Fall klar, man glaube es kaum, ich habe Muskelkater http://www.compex-cefar.info/shop/catalog/product_info.php?products_id=356252&gclid=CLihgZKyhJsCFZ4U4wodATqKpg . Also ich meine nicht den, den ich seit geraumer Zeit im Oberkörper vom Krückenlaufen habe, sondern im Bein. Da scheint also etwas zu passieren. Ich bin guter Dinge und werde weiterhin die Genesung und den Rat der Ärzte  sehr ernst nehmen, damit ich wirklich ohne Probleme die schönste Nebensache der Welt machen kann.

Ich bin zurück, na fast, zumindest habe ich eine mir sehr bekannte Bewegung gemacht, ich bin tatsächlich eine Stunde Spinning  gefahren – ohne Druck auf dem Pedal und ohne jegliche Schmerzen. Na, wer sagt es denn, geht doch. Aber Vorsicht, ich werde hier nichts „übers Knie brechen“. Gut Ding will Weile haben. Nun warte ich erst einmal ab, wie der Befund nach der Röntgenuntersuchung ausfällt, und dann sehe ich weiter.


Antworten

  1. Hallo Sven-Jörg,

    wir haben uns sehr erschrocken als wir vom Sturz gehört haben, sind aber auch beeindruckt welche Energie du entwickelst um wieder fit zu werden. Auch von Rita Gute Besserung und ein gesundes Wiedersehen demnächst beim Radrennen

    Hans-Jürgen Eggers


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